Das Gefühl kennt jeder: Man möchte sich konzentrieren oder auch entspannen und wird von einer ständigen Geräuschkulisse gestört. Das ist nicht nur ablenkend und kostet Nerven, sondern auf Dauer auch anstrengend. Was vielen nicht bewusst ist: Ein solcher „Lärm“ kann uns auch visuell umgeben. Marie Kondo spricht hier von „visual noise“, also „visuellem Lärm“. Sie meint damit, dass die Absenkung von visuellem Lärm zu einem friedlicheren Zuhause führt, in dem Sie sich deutlich wohler fühlen.  

Was genau ist mit „visual noise“ gemeint?

Das sind zum Beispiel kleine Gegenstände, die auf Kommoden und Schränken herumstehen. Oder ein bisschen Unordnung, die auf den ersten Blick gar nicht so schlimm wirkt. Auch unerledigte Briefe oder Dinge, die „nachher weggeräumt werden“, gehören dazu.

Oftmals sind es einfach Gegenstände, die noch keinen festen Ort haben oder nicht an ihrem eigentlichen Platz stehen. Gerne sammelt sich dieser visuelle Lärm auf flachen Oberflächen an: auf Kommoden, Tischen, Regalen oder auch auf den Arbeitsplatten in der Küche.

In ihrem Buch „Magic Cleaning – Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert“ spricht Marie Kondo davon, dass es vor allem marktschreierische Aufkleber sind, die wir auf der Ware belassen, die diesen visuellen Geräuschpegel verursachen, z.B. auf der Verpackung von Flüssigseifen.[1]

Als ich das zum ersten Mal hörte, fand ich das sehr extrem. Aber nachdem ich ja gerne Dinge teste, habe ich auch das einfach einmal ausprobiert. Bei sämtlichen Seifenspendern entfernte ich die Etiketten oder füllte den Inhalt in dekorative Dauerspender um. Und siehe da: Dies führte zu einer tatsächlich spürbaren Verbesserung der Gesamtwirkung eines Raums.

Foto: ©DAPA images via canva.com

„Visual noise“ – eigentlich eine Synästhesie

Streng genommen ist das Konzept des visuellen Lärms eine Synästhesie – also eine Sinneswahrnehmung, die mit einem nicht dazugehörenden Sinnesorgan empfangen wird, denn schließlich können wir Geräusche natürlich nicht in Wahrheit „sehen“. Die Synästhesie ist eigentlich ein literarisches Stilmittel, das vor allem in der Lyrik Anwendung findet. Ich finde diese Übertragung von Marie Kondo auf Raumgestaltung sehr passend: Wenn wir uns in eine Umgebung voller Lärm hineinversetzen, können wir besser verstehen, was zu viele visuelle Reize in uns auslösen. Diese sind viel subtiler als Geräusche, belasten unser Unterbewusstsein aber auch mit einer ständigen Informationsflut.

Probieren Sie es einfach einmal aus und lassen Sie den Raum, den sie verändern, vorher und nachher bewusst auf sich wirken. Wenn Sie das Konzept nicht überzeugt, können Sie alle kleinen Maßnahmen hinterher ganz leicht wieder rückgängig machen.

Wie Sie die Idee gleich für sich nutzen können

Hier ein paar einfache Handgriffe, mit denen Sie visuellen Lärm abstellen können:

Halten Sie die Oberflächen von Schränken und Kommoden möglichst frei.

  • Sorgfältig ausgewählte Dekorationsobjekte dürfen hier gerne stehen. Generell abraten würde ich Ihnen davon, auf hohen Schränken Dinge zu verstauen. Das wirkt meistens unruhig und vollgestopft.

Entfernen Sie die Etiketten von Produkten, die frei herumstehen (z.B. bei Seifenspendern).

  • Bitte denken Sie daran, dass Sie das nicht bei solchen Etiketten tun, auf denen wichtige Hinweise zu finden sind. Das ist aber oftmals eher bei Reinigungsmitteln der Fall – hierfür rate ich Ihnen sowieso, diese in einem geschlossenen Schrank aufzubewahren.

Reduzieren Sie visuellen Lärm in offenen Regalen, indem Sie den Inhalt neu sortieren.

  • Struktur und Muster wirken beruhigend auf das Auge. Bücher könnten Sie z.B. nach Farben sortieren, oder Sie können pro Regalfach eine bestimmte Sorte Gegenstände aufbewahren. Experimentieren Sie ein bisschen und gehen Sie nach Ihrem persönlichen Geschmack. Wenn Sie unansehnliche Gegenstände in Regalen unterbringen müssen, helfen schöne Boxen aus Filz, Holz oder Geflecht – was auch immer Ihnen am besten gefällt.

Können Sie die Anzahl an Möbeln im Raum reduzieren?

  • Auch ein Raum, der zu vollgestopft ist, kann unruhig wirken. Achten Sie bewusst darauf, ob kleine Möbelstücke in Ihren Räumen stehen, die eigentlich gar nicht gebraucht werden.

Schaffen Sie freie Arbeitsflächen in der Küche.

  • Marie Kondo empfiehlt, sich ein Beispiel an Profiküchen zu nehmen: Dort werden die Arbeitsflächen nicht als Ablage genutzt, um die Oberflächen schnell und einfach abwischen zu können. Versuchen Sie, alles, was gerade nicht in Benutzung ist, in Küchenschränken zu verstauen. Sie werden erstaunt hinterher feststellen, dass Sie scheinbar eine ganz neue Küche haben. Und ganz nebenbei ist die Küche in Sekundenschnelle sauber zu halten. Marie rät sogar dazu, die Reinigungsartikel für die Spüle nach Benutzung zu verstauen. Vielleicht finden Sie für Ihre Schwämme, Bürsten und das Spülmittel einen guten Platz ganz in der Nähe. Mein Tipp: Nutzen Sie dafür eine wasserfeste Box, die Sie ganz mühelos mit einem Handgriff wegstellen können, anstatt alle Gegenstände einzeln wegzuräumen. Achten Sie aber darauf, dass die Gegenstände in dieser Box gut trocknen können. Sie schaffen sonst ein Paradies für Keime.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Ausprobieren – berichten Sie gerne in den Kommentaren über Ihre Ergebnisse!

[1]Kondo, Marie. Magic Cleaning: Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert, 45. Aufl., Rowolt, 2013.

Mehr über Marie Kondo:

https://konmari.com/